Walburgisgymnasium & Walburgisrealschule

Eine Schule der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel

Vokalklassen im Gymnasium

  1. WARUM VOKALKLASSEN? – KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN
Singen lernen am Walburgisgymnasium.
Singen lernen am Walburgisgymnasium.

Die Idee der Einrichtung von Vokalklassen folgt ähnlich wie bei den mittlerweile an vielen Schulen anzutreffenden Bläser- und Streicherklassen der Überzeugung, dass Musik am besten handlungsorientiert erlernt und erfahren werden kann. Neurobiologische Forschungen stützen diese Erkenntnis genauso wie die Erfahrungen vieler Pädagogen im schulischen Musikunterricht: Ohne regelmäßiges, aktives Musizieren haben Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II in der Regel nicht die praktischen und theoretischen Kenntnisse, die man nach vielen Jahren schulischen Musikunterrichts erwarten sollte. Auch wenn das gemeinsame Musizieren natürlich substanzieller Bestandteil des „traditionellen“ Musikunterrichts ist: Eine nachhaltig progressive Entwicklung musikpraktischer Fähigkeiten des Einzelnen im Laufe der Jahre kann hier nicht begründet werden, sondern bleibt der privaten musikalischen Förderung und dem Elternhaus überlassen.

Musikklassen bieten dem einzelnen Kind die Möglichkeit, in der Gemeinschaft mit Freunden und im Verbund der eigenen Klasse seine musikalischen Fähigkeiten systematisch zu entdecken und zu entwickeln. Das gemeinsame Musizieren ist dabei kein blinder Praktizismus, sondern eingebunden in ein planvolles Curriculum, welches schrittweise die Erweiterung des eigenen Könnens und der Kenntnisse von und über Musik miteinander kombiniert.
Vokalklassen und der Schwerpunkt Singen bieten den Vorteil, dass sie organisatorisch relativ einfach zu realisieren sind: Die eigene Stimme als „Instrument“ ist jederzeit verfügbar. Zugleich ist der Umgang mit der eigenen Stimme die denkbar unmittelbarste körperliche Erfahrung, die unterrichtliche Arbeit induziert so zwangsläufig einen bewussteren und kompetenteren Umgang mit der eigenen Stimme beim Singen und Sprechen.

Erfahrungen mit Instrumental- und Vokalklassen zeigen, dass sich das intensive gemeinsame Musizieren auch spürbar positiv auf das soziale Miteinander auswirkt. Der affektive Zugang zu den Inhalten des Musikunterrichts motiviert, der Unterricht wird als besonders erfüllend, bewegend und begeisternd beschrieben. Durch die bewusste Schulung des Gehörs und die ständige Aufmerksamkeit darauf, was in der musikalischen Gemeinschaft erklingt und geschieht, entsteht eine Kultur des Aufeinander-Hörens. Die Klassengemeinschaft zeichnet sich durch eine starke Verbundenheit und besonderen Zusammenhalt aus.
Eine Stärkung des Einzelnen und seine Persönlichkeitsentwicklung sowie die Entwicklung seiner sozialen Kompetenzen etwa im Blick auf Teamfähigkeit, Sensibilität und Aufmerksamkeit für andere sind grundlegende Ziele unseres Schulprogramms. Das Konzept einer Vokalklasse sehen wir dementsprechend als einen sinnvollen Baustein im Rahmen unseres Bildungs- und Erziehungsangebots. Zudem ergänzt die Akzentuierung des vokalpraktischen Bereichs die vielfältigen Angebote im musikpraktischen und vokalen Bereich an WBG und WBR, insbesondere die Gottesdienst-AG, den Unterstufenchor und Schulchor. Mit dem Konzept der Vokalklasse möchten wir die Kinder nicht zuletzt auch für eine langfristige Teilhabe am musikalischen Musikleben innerhalb und außerhalb der Schule gewinnen und begeistern und so für ihr Leben bereichern.

  1. WIE WIRD DER UNTERRICHT ORGANISIERT? – STRUKTURELLE RAHMENBEDINGUNGEN

a) KLASSENBILDUNG

Im Rahmen der Anmeldung geben die Eltern an, ob ihr Kind an der Vokalklasse teilnehmen möchte. Diese Wahl hat grundsätzlich keine Relevanz bzgl. der Aufnahmeentscheidung als solcher. Eine mögliche Aufnahme des Kindes in die Vokalklasse ist grundsätzlich nicht an bestimmte Voraussetzungen gebunden, besondere Vorkenntnisse oder Vorerfahrungen sind ausdrücklich nicht erforderlich. Gleichwohl können individuelle anatomische Stimmschäden oder -beeinträchtigungen einer erfolgreichen Teilnahme in der Vokalklasse im Wege stehen. Sind Eltern diesbezüglich unsicher, bieten die Musiklehrerinnen und Musiklehrer eine individuelle Beratung an.

Die Einrichtung der Vokalklasse in einem Jahrgang kann nicht garantiert werden, da sie von der Anzahl der Interessenten abhängt. Ebenso wenig kann zugesichert werden, dass alle Interessenten einen Platz in der Vokalklasse erhalten. Im Zweifelsfall entscheidet das Los. Für diejenigen, die nicht an der Vokalklasse teilnehmen, hält die Schule weitere musikalische Angebote vor (z.B. Unterstufenchor).

b) STUNDENTAFEL

In der Vokalklasse wird der Musikunterricht dreistündig (anstatt zweistündig) erteilt, in der Regel aufgeteilt in eine Doppel- und eine Einzelstunde. Die Klasse hat also eine zusätzliche Stunde in der Stundentafel. Diese wird an einen Tag in die 7. Stunde gelegt, sodass kein späterer Nachmittagsunterricht entsteht.

c) GESAMTKONZEPTION

Das Konzept der Vokalklasse wurde zunächst für zwei Jahre in den Jahrgängen 5 und 6 erprobt und wird zurzeit in Klasse 7 fortgesetzt.
Im Rahmen der musikpraktischen Arbeit der Vokalklasse wird eine zeit- bzw. projektweise Zusammenarbeit mit den musikalischen Arbeitsgemeinschaften der Schule angestrebt, insbesondere etwa mit dem Unterstufenchor, der Unterstufen-Gottesdienst-AG und dem Schulchor. Diese kann durch zeitliche Parallelisierung zum Teil während der Unterrichtszeit (7. Stunde) stattfinden.

d) LEHRMITTEL UND KOSTEN

Für den Musikunterricht in der Vokalklasse erwerben die Schülerinnen und Schüler der Gesangsklasse zu Beginn einmalig ein spezielles Arbeitsheft. Dieses wird parallel zur musikpraktischen Arbeit im Unterricht eingesetzt und dient als Übungsheft und Leitfaden. Für die Einzel- bzw. Kleingruppenstimmbildung (vgl. 3.) entstehen den Eltern keine Kosten.

  1. WIE SIEHT DER UNTERRICHT AUS? – ASPEKTE ZUM CURRICULUM DER VOKALKLASSE

Es gibt mehrere Konzepte zum Musikunterricht in Vokalklassen, an denen wir unsere Arbeit orientieren, insbesondere „Leitfaden Gesangsklasse“ (Roland Bolender und Gregor Müller, Helbling-Verlag) und „Singen ist klasse“ (Ralf Schnitzer, Schott-Verlag).
Stimmbildung, Entwicklung der musikalischen Vorstellungskraft, Hörverstehen und Literatureinstudierung sind Bestandteile eines systematischen Lehrgangs, in dem die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Musikunterrichts eine praxisorientierte Gesangsausbildung erhalten und die Inhalte des Lehrplans Musik über das gemeinsame Singen vermittelt bekommen. Konkret lernen die Kinder z. B.

  • eine unbekannte Melodie sicher vom Blatt zu singen,
  • gehörte Melodien nachzusingen und zu notieren,
  • Rhythmen sicher sprechen und singen zu können,
  • beim gemeinsamen Musizieren genau aufeinander zu hören,
  • mehrstimmige Stücke chorisch sauber zu singen.

Um die Kinder individuell optimal fördern zu können, findet der Unterricht teilweise im Teamteaching statt: Einzeln oder in kleinen Gruppen kann so gezielte Stimmbildung erfolgen.

Bei der Tonhöhenvermittlung folgen wir im Unterricht der Methode der relativen Solmisation nach Zoltán Kodály. Durch die Identifizierung der Tonleitertöne mit Silben sowie bestimmten Handzeichen werden tonale Zusammenhänge von Anfang an internalisiert. Der Gesang steht somit an erster Stelle, die Verbindung zur konventionellen Notenschrift erfolgt erst in einem zweiten Schritt.

Die Leistungsbeurteilung und Bewertung bezieht sich naturgemäß auf die Mitarbeit im Unterricht sowie die im Unterricht vermittelten Inhalte. Demgemäß können z.B. auch Hördiktate zur Überprüfung des Lernfortschritts beim Hören von Melodien genutzt werden. Ganz grundsätzlich ist Leistung in der Vokalklasse jedoch keine rein messbare Größe, direkt abstufbar nach Fehlerzahl, Lerntempo oder punktuellem Endergebnis. Sie ist untrennbar auf den Einzelnen und seine persönliche Entwicklung bezogen: Motivation und Konzentration, Bereitwilligkeit und Bemühen, der Umgang mit Hilfestellungen, soziale Verhaltensqualitäten in der Gruppe, Integrationsfähigkeit und Bereitschaft zur Übernahme von Rollen in besonderen Übungssituationen u.v.m.

Schließlich:

Die musikpraktische Arbeit in den Vokalklassen ist natürlicherweise auch auf Auftritte hin angelegt. Ziel ist es dementsprechend, dass Ergebnisse der unterrichtlichen Arbeit auch im Schulleben hörbar werden, etwa in Gottesdiensten, bei Schulfeiern und -festen oder Konzerten. Wie oben bereits angesprochen, kann manches diesbezüglich auch zeit- oder projektweise mit anderen musikalischen Arbeitsgemeinschaften gemeinsam erarbeitet und präsentiert werden.