Walburgisgymnasium & Walburgisrealschule

Eine Schule der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel

„Die Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit mehr“

André Kuper mischte sich bei der Beantwortung der vielen Fragen immer wieder unter die Schüler.  Foto: SMMP/Ulrich Bock
André Kuper mischte sich bei der Beantwortung der vielen Fragen immer wieder unter die Schüler.

Landtagspräsident André Kuper stellte sich den Fragen der Schüler

Ist die freie Meinungsäußerung in Deutschland gefährdet? Hilft die GroKo der Demokratie oder schadet sie ihr? Und warum gibt das Land nicht mehr Geld für die Schulen aus? Mit zahlreichen Fragen konfrontierten die Schülerinnen und Schüler des Walburgisgymnasiums und der Walburgisrealschule am Donnerstag den nordrhein-westfälischen Landtagspräsidenten André Kuper. Der freute sich über das große Interesse und warb seinerseits für gesellschaftliches Engagement: „Denn Ihr müsst in Zukunft wahrscheinlich mehr für die Demokratie kämpfen als wir.“

Schulleiter Dr. Eduard Maler freut sich, dass die Initiative, den Landtagspräsidenten einzuladen, aus der Schülerschaft kam: "Das zeugt vom Interesse an Politik." Foto: SMMP/Ulrich Bock
Schulleiter Dr. Eduard Maler freut sich, dass die Initiative, den Landtagspräsidenten einzuladen, aus der Schülerschaft kam: „Das zeugt vom Interesse an Politik.“

Populistische Tendenzen und den rauer werdenden Umgangston will der für die CDU in den Landtag gewählte Politiker gar nicht in Abrede stellen. „In der vergangenen Legislaturperiode gab es für Abgeordnete insgesamt 17 Rügen. Jetzt sind es schon 27“, machte er diese Entwicklung an Zahlen fest. Und er gab zu bedenken: „Es gibt immer mehr Menschen, die demokratische Errungenschaften infrage stellen. Die Demokratie ist daher keine Selbstverständlichkeit mehr.“

Landtagspräsident André Kuper begrüßt die erste Reihe sogar mit Handschlag. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Landtagspräsident André Kuper begrüßt die erste Reihe sogar mit Handschlag.

Seit 2006 bietet sich das Landtagspräsidium für Schulen an, um politische Fragen mit Jugendlichen zu diskutieren. Dass André Kuper jetzt nach Menden kam, ist der Einladung eines Schülers zu verdanken. Johannes Gaßmann hatte ihn nach seiner dreitägigen Teilnahme am Jugendparlament im Juni 2018 in Düsseldorf angeschrieben: „Da bekamen wir einen Flyer, in dem stand, dass man ihn einladen darf. Dann habe ich das einfach mal gemacht“, so der 18-Jährige.

Schulleiter Dr. Eduard Maler äußerte in seiner Begrüßung die Freude darüber, dass die Initiative dazu aus der Schülerschaft kam: „Das zeigt, dass Sie an den Themen interessiert sind und sich engagieren wollen. Und das ist gut so: Denn die Zukunft dieses Landes und der Demokratie liegt bei Ihnen.“

Doro Dietsch vom Sachbereich Kinder, Jugend und Parlament im Landtag stellt den Arbeitsalltag des Landtagspräsidenten vor. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Doro Dietsch vom Sachbereich Kinder, Jugend und Parlament im Landtag stellt den Arbeitsalltag des Landtagspräsidenten vor.

Viele aktuelle Themen

Tatsächlich bewegten sich auch viele der Schülerfragen um das Thema, wie sich Gesellschaft und Politik verändern. Gefragt, welche Unterschiede der zweifache Vater André Kuper zwischen seiner Jugend und der heutigen sieht, sagte er: „Heute sind es vor allem die Globalisierung und die Technik, die die Jugend prägen. Ihr habt es heute einfacher, an Informationen zu kommen. Gleichzeitig ist es aber auch leichter geworden, Informationen zu manipulieren. Das beginnt schon bei den Suchmaschinen, die Eure Suchanfragen speichern und uns individuell mit entsprechenden Treffern bedienen.“

Interessiert verfolgen die Schülerinnen und Schüler die Ausführungen des Landtagspräsidenten. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Interessiert verfolgen die Schülerinnen und Schüler die Ausführungen des Landtagspräsidenten.

Fragen, wie so mancher Politiker Moral und Handeln übereinbringt und ob nicht mancher Redner mit seiner Rhetorik blendet, beantwortete der 58-Jährige in seiner überparteilichen Funktion als Vertreter des gesamten Landtages dagegen diplomatisch: „Ich gehe mal davon aus, dass jeder Abgeordnete die Interessen der Menschen vertritt.“

Daraus wiederum resultierte die Frage, ob es ihm nicht manchmal schwerfalle, überparteilich zu sein. Kuper gab zu: „Das ist nicht immer einfach. Aber da ich vorher 15 Jahre lang Bürgermeister in Rietberg war, hatte ich darin schon Übung. Denn auch als Bürgermeister muss ich überparteilich Standpunkte vertreten können.“

Die Schüler stellten vielseitige Fragen: Ob ein Politiker immer moralisch handeln kann oder wieviel Zeit für das Privatleben bleibt. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Die Schüler stellten vielseitige Fragen: Ob ein Politiker immer moralisch handeln kann oder wieviel Zeit für das Privatleben bleibt.

Reibungsflächen

Das bestätigte Mendens Bürgermeister Martin Wächter, der ebenfalls an der zweistündigen Diskussion teilnahm: „Wir haben 48 Abgeordnete, darunter einige Fraktionslose. Und es ist schon eine Herausforderung, mit allen gemeinsam Politik zu gestalten.“

Aber auch zwischen Bundespolitik, Landtagen und Kommunalparlamenten läuft es nicht immer reibungslos. Gefragt nach den fehlenden Investitionen in Schulen gab André Kuper zu: „Hier stehen Milliarden für die Digitalisierung bereit. Aber der Bund will durch die Zuweisung der Mittel Einfluss auf die Bildungspolitik gewinnen. Und die ist nun mal Landesangelegenheit. Deshalb blockieren sich Bundesrat und Bundestag gegenseitig.“ Er sprach vor diesem Hintergrund von einem „vergifteten Geschenk“, das zeige, wie kompliziert der Föderalismus manchmal sei. Andererseits sei dies aufgrund der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus bei der Gründung der Bundesrepublik bewusst so angelegt worden, um eine zu große Konzentration von Macht zu verhindern: „Also ist auch das eine Errungenschaft.“

Auch Mendens Bürgermeister Martin Wächter stand Rede und Antwort. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Auch Mendens Bürgermeister Martin Wächter stand Rede und Antwort.

Immerhin versicherte der Landtagspräsident nach Gesprächen mit dem Bundesministerium in den vergangenen Tagen, dass die Mittel jetzt an die Länder weitergeleitet werden sollen. Dann kämen sie auch am Walburgisgymnasium an.

Die Schulpolitik interessierte die Gymnasiasten natürlich auch vor dem Hintergrund des Hin und Her zwischen G8 und G9. „Ist es eigentlich richtig, dass darüber Politiker entscheiden, die im Durchschnitt 58 Jahre alt sind?“, fragte eine Schülerin. Da musste André Kuper zwar kurz schmunzeln, doch spielte er den Ball zurück: „Im Jugendparlament, an dem stellvertretend für jeden Abgeordneten in jedem Sommer ein Jugendlicher drei Tage teilnimmt, versuchen wir ja für Landespolitik zu werben. Wenn Ihr Euch für andere einsetzt, gesellschaftlich engagiert und politisch interessiert, dann wird sich auch das Parlament verjüngen.“

Rund 300 Schüler aus den verschiedenen Politik- und Sowi-Kursen nahmen an dem Gespräch in der Aula des Walburgisgymnasiums teil.
Rund 300 Schüler aus den verschiedenen Politik- und SoWi-Kursen nahmen an dem Gespräch in der Aula des Walburgisgymnasiums teil.

Große Offenheit

Nach zwei Stunden lebendiger Diskussion bedankte sich der Landtagspräsident für die abwechslungsreichen Fragen und die Aufmerksamkeit. Gegenüber der Schulleitung äußerte er hinterher, dass er das nicht immer so erlebt – vor allem auch, dass sich die Schüler bei ihren Fragen auch aufeinander und direkt auf seine Antworten bezogen.

Johannes Gaßmann war ebenfalls zufrieden: „Ich fand diesen Vormittag äußerst gelungen. Schön, dass Herr Kuper so offen und unkompliziert war.“ Und noch während die Schüler die Aula verließen, diskutierten Lehrer und Schüler darüber, ob man nicht mal mit dem einen oder anderen Kurs zum Landtag fahren solle oder weitere Politiker einladen will.

Hinweis: Fotos und Text zu dem Besuch des Landtagspräsidenten am Walburgisgymnasium gibt es auch auf der Facebookseite des Jugendlandtages.

Nach der Veranstaltung blieb André Kuper noch mit den Schülern im gespräch. Auch mit Johannes Gaßmann (2.v.r.), der ihn eingeladen hatte. Foto: SMMP/Ulrich Bock
Nach der Veranstaltung blieb André Kuper noch mit den Schülern im Gespräch. Auch mit Johannes Gaßmann (2.v.r.), der ihn eingeladen hatte.