
Papstaudienz bildet den Abschluss der Romfahrt zum Schuljubiläum
Liam Alexander Janzen ist schon ganz aufgeregt: Gleich kommt der Papst. Der Zehnjährige will versuchen, dem Pontifex bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz mit einer weißen Mütze zuzuwedeln. Einer Pileolus, wie der Heilige Vater sie auf dem Kopf trägt. Vielleicht fällt sie ihm ja auf. Vielleicht nimmt er sie entgegen.

Mit über 1000 Menschen bildet der Block des Walburgisgymnasiums und der Walburgisrealschule an diesem Mittwochmorgen wohl die größte Gruppe auf dem Petersplatz. Die Generalaudienz gehört zu den Höhepunkten der einwöchigen Reise anlässlich des 100-jährigen Schuljubiläums in das Zentrum der Christenheit.
Auch Rune Garlipp ist gespannt, was gleich passieren wird. Der Elfjährige aus der 6b sitzt etwas weiter hinten, dafür näher am Mittelgang, durch den Franziskus mit dem Papamobil hindurchfahren wird: „Bisher kenne ich den ja nur aus dem Fernsehen“, sagt er.
Um fünf Uhr aufgestanden
Schon um fünf Uhr morgens waren die Schülerinnen und Schüler aufgestanden. Nach einem schnellen Frühstück im Verpflegungszelt des Feriendorfes Fabulous Village am Rande der Stadt hatten sich die Busse bereits um sechs Uhr in Bewegung gesetzt. „Nur wenn ihr frühzeitig da seid, werdet ihr zusammen in den vorderen Blöcken sitzen können“, hatte Reiseunternehmer Hans Höffmann bei der abendlichen Versammlung in der kleinen Arena der Ferienanlage am Vortag gesagt – und Recht behalten. Das Walburgisgymnasium konnte in den vordersten Reihen Platz nehmen.

Bis der Papst endlich erscheint, saugt Rune Garlipp die Atmosphäre auf dem Petersplatz auf: „Wie hoch sind wohl die Statuen, die da oben auf der Kirche stehen? Vier Meter vielleicht?“ Schon die viel kleiner wirkenden Buchstaben auf der Fassade seien zwei Meter groß, hat er bei dem Besuch des Doms einen Tag vorher erfahren.
Fünf Tage lang haben die Walburgisschüler ein intensives Programm erlebt: Petersdom, Vatikanische Museen, Kolosseum, Forum Romanum, Katakomben, Ostia Antica. Höhepunkte waren sicher auch der gemeinsame Schulgottesdienst in der Basilika St. Paul vor den Mauern und die Lichterprozession am Montagabend. Und natürlich die Abende mit der ganzen Schulgemeinschaft im Feriendorf. Die Generalaudienz bildet fast schon den Abschluss.
„Wir wollen die T-Shirts sehen!“
Um viertel nach acht sind die Stühle vor Rune Garlipp noch frei: „Ich hoffe ja nur, dass sich da kein so Großer hinsetzt. Wie das schon mal im Kino passiert.“ Doch er hat Glück. Auch die Reihen davor füllen sich mit Walburgisschülern. Die fünften Klassen haben zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle die Sicherheitskontrollen an den Einlasspunkten zu dem Platz passiert.
Als es allmählich warm wird, ergreifen einige Lehrer und Mitarbeiter die Initiative und fordern die Schülerinnen und Schüler auf, ihre Pullis und Jacken auszuziehen. Denn darunter sind noch die hellblauen Jubiläums-T-Shirts versteckt. „WBGR – Wir Besuchen Gemeinsam Rom“ steht darauf. Zugleich sind die Buchstaben eine kombinierte Abkürzung für das Walburgisgymnasium und die Walburgisrealschule.
„Wir wollen die T-Shirts sehen! Los, es ist warm genug“, geht Integrationskraft Jasmin Rickels durch die Reihen. „Wie, das ist dreckig? Fehlen euch hier etwa Mama und Papa zum Waschen?“ Ausreden lässt sie nicht so schnell gelten.
Und 20 Meter weiter vorne läuft sich Sieglinde Diris warm. Sie hat auf Bitte der Schülervertretung noch am Vorabend mit den 1000 Stimmen einen Ruf einstudiert, mit dem man den Papst begrüßen will: „Viva Walburgis, viva Francesco!“ Als die Arena eigentlich schon vor Lautstärke bebte, hatte sie den Kindern und Jugendlichen zugerufen: „Das ging so. Aber das könnt ihr noch viel besser.“ Und dann war es tatsächlich noch lauter geworden. So wünscht sie sich das auch für diesen Mittwochmorgen. Aber sie muss aufpassen, dass sie im richtigen Augenblick den Einsatz gibt. Denn hier ist es unübersichtlicher als im Feriendorf.
Das Papamobil rollt auf den Platz
„Wir singen schon einmal ‚Jesus Christ, you are my life‘, ruft sie den Schülerinnen und Schülern zu. Dieses Lied gehört zu den Hymnen der Schulgemeinschaft. Alle können es. Das hatten die 1000 Stimmen auch schon bei der Lichterprozession am Montagabend auf dem Petersplatz bewiesen. Der Papst müsste die Walburgisschüler da schon gehört haben.
Als Sieglinde Diris den Einsatz gibt, bekommen das nicht alle sofort mit. Aber dann macht sich der Gesang auf dem Petersplatz immer lauter bemerkbar. Auch bei den anderen, über 30.000 Pilgern, die an diesem Morgen eine Einlasskarte zur Generalaudienz ergattert haben. Die Schulen sind also gut auf die nächste Stunde vorbereitet.
Pünktlich um 9 Uhr ist es soweit. Das Papamobil rollt auf den Platz – und gleich an der ersten Reihe entlang, wo Liam nun seine Arme ausstreckt: „Papa, Papa, i have a cappy for you“, ruft der dem Papst entgegen. Doch gerade, als Franziskus an dieser Stelle vorbeikommt, dreht er sich zur anderen Seite hinüber. Pech gehabt.
Aber ein paar Minuten später fährt er ein zweites Mal in dem offenen Wagen vorbei. Wieder muss sich der Papst für einige der vielen Menschen entscheiden, die ihm entgegenrufen und persönlich begrüßt werden wollen. Der Zehnjährige aus der 5c hat auch diesmal kein Glück. Die Security winkt ebenfalls ab. „No, no, no“, sagt einer der Wachleute trocken. „Yeah, yeah, yeah“, ruft Liam zurück. Jetzt muss sogar der Security-Bedienstete in seinem schwarzen Anzug grinsen. Aber die Mütze wird der Junge nicht los.
Predigt warnt vor Verblendung
20 Minuten später tritt der Papst auf die Bühne, die vor dem Petersplatz steht. Mehrsprachig wird der Schrifttext von der Bekehrung des Paulus vorgetragen. In seiner Ansprache geht Franziskus auf den Umgang mit Anders- und Nichtgläubigen ein und verurteilt jegliche ideologische Verblendung. Aussagen, die vor dem Hintergrund des am selben Tag in Deutschland stattfindenden Attentats noch einmal in ganz anderem Licht erscheinen. Auch diese Auslegung der Lesung wird unter anderem in deutscher Sprache vorgetragen.
Den Abschluss der dreiviertelstündigen Liturgie bildet das lateinisch gebetete Vater Unser. Es steht glücklicherweise auf der Rückseite der Einlasskarten. Und dann erschallt Applaus. Doch der spannende Augenblick für die Walburgisschüler kommt erst noch. Denn jetzt begrüßt Franziskus die Gruppen, die am heutigen Tag für die Audienz gemeldet sind. Erst die aus England, dann die aus Frankreich, dann die aus Deutschland.
Papst winkt den Schülern zu
Jetzt hat Sieglinde Diris ihren Einsatz: Die Schülerinnen und Schüler stehen bereits. Sie steht zusätzlich auf einem Stuhl. Ihr Mann, der sie auf der Reise begleitet, stützt sie ab. Und das ist auch nötig. Denn die Leiterin des Unterstufenchores am Walburgisgymnasium wedelt mit beiden Armen. Und kaum erklingt der Name der Schule, schallt es aus den 1000 Kehlen: „Viva Walburga. Viva Francesco!“ Der Papst winkt von seinem Podest zu der riesigen Gruppe in den hellblauen T-Shirts hinab.
Auch Schulleiter Dr. Eduard Maler und der Vorsitzende der Schülervertretung, Simon Kettelmann, können den Sprechchor hören. Sie sitzen oben, als Vertreter ihrer Schule, direkt neben dem Baldachin, unter dem der Papst sitzt. Beide wird Franziskus nach Abschluss der Audienz sogar noch persönlich begrüßen.
Doch erst geht der Papst noch auf mehrere Gruppen zu, die im abgesperrten Reich um die kleine Bühne herum sitzen. Einmal kommt er dabei auch den Walburgisschülern wieder näher. So erhält Liam seine dritte Chance. Schulseelsorger André Quante-Blankenagel und Lehrer Timon Großerhode haben ihn auf die Schultern genommen. „45 Kilo. Das schaffen wir“, hat der groß gewachsene Seelsorger gemeint. Und gemeinsam geben die beiden Männer alles. Bis dem wesentlich kleineren Timon Großerhode die Luft ausgeht. „Also gleich kommt der Moment, an dem ich vielleicht doch nicht mehr kann“, sagt er nach minutenlangem Hochstemmen des Jungen.
Liam Alexander ruft noch einmal „Papa“ und winkt. Er ist zweifellos der Richtige für einen Kontaktversuch mit dem Papst. Aber auch diesmal klappt es nicht. Der Zehnjährige ist darüber trotzdem nicht enttäuscht. Denn tatsächlich war er dem Papst ja ganz nah.
Wenn auch nicht so nah wie sein Schulleiter und Simon Kettelmann. Der 17-jährige Schülersprecher aus der Q2 zeigt sich hinterher bewegt: „Es ist schon beeindruckend, wenn der Papst vor einem steht. Er strahlt wirklich etwas aus. Und er hat sich Zeit für uns genommen, eine Weile mit uns gesprochen.“ Gemeinsam mit Dr. Eduard Maler hat er dem Heiligen Vater natürlich auch ein hellblaues Jubiläums-T-Shirt überreicht. Fortan gehört Franziskus zur Walburgis-Gemeinschaft.
Viele Höhepunkte
War das nun der absolute Höhepunkt der Romfahrt zum Schuljubiläum? Oder doch die intensive Atmosphäre mit den 1000 Kerzen unter dem Sternenhimmel am Montagabend? Oder der Schulgottesdienst in St. Paul vor den Mauern, einer der größten Kirchen der Welt?
Vielleicht aber auch der Blick auf die Decke der Sixtinischen Kapelle. Oder die Abende in der Ferienanlage, an denen sich die ganze Schulgemeinde feierte. Zum Beispiel beim Karaoke. Wobei der Gesang bei den geistlichen Impulsen mit Liedern wie „Jesus Christ, you are my life“ oder „Einer hat uns angesteckt“ kaum weniger begeisternd war.
Für die Sechstklässlerin Maria Lenninghaus war der Besuch des Trevi-Brunnens ein weiterer Höhepunkt: „Denn da war ich schon mal mit meinen Eltern. Und da habe ich Geld reingeworfen, damit ich wiederkomme. Und ich bin wiedergekommen.“ Sie fand es toll, jetzt mit der ganzen Schule in dieser Stadt zu sein.
Gänsehaut-Momente im Film

Louis Dirks aus der Q1 hat mehrere Gänsehaut-Momente erlebt. Ob bei der Lichterprozession oder beim gemeinsamen Karaoke-Singen: „Das war der Wahnsinn.“ Gemeinsam mit seinem Mitschüler Leon Barfs will er das Jubiläumsjahr der Schulen in einem Film festhalten. Und er ist sich sicher: „Diese Fahrt wird darin sicher viel Raum einnehmen.“ Auf das Ergebnis darf man jetzt schon gespannt sein.
Am heutigen Donnerstag machen sich die 1000 Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Walburgisgymnasiums und der Walburgisrealschule auf den Rückweg nach Deutschland. In 20 Bussen. Und sicher wird auch während dieser 22-stündigen Fahrt noch ganz viel erzählt und gesungen.
Eine Bildergalerie hält jetzt schon einmal viele Eindrücke und Gänsehaut-Momente der Schulreise fest: