Walburgisgymnasium & Walburgisrealschule

Eine Schule der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel

„BEZIEHUNGSWEISEN bzw. Beziehungsseiten“ – Projektarbeiten werden ausgestellt

Einladung zur Ausstellung der Projektarbeiten des Kunst-Philosophie-Differenzierungskurses der Jahrgangsstufe 9 in der Dorte-Hilleke-Bücherei (Menden) vom 15.3. bis zum 8.4.22

Eine eigene Ausstellung in der Mendener Bücherei – die Schülerinnen können stolz sein. (Foto: Obst/SMMP)

Die „Hintertreppe“ ist „der Zugang zum unmittelbar Menschlichen“. Das wissen wir spätestens durch Wilhelm Weischedel.
So fühlt es sich ganz richtig an, wenn die Schülerinnen und Schüler aus dem Differenzierungskurs „Kunst/Philosophie“ aus der Jahrgangsstufe 9 früh morgens, am 15.3.22, durch den Seiteneingang die noch nicht offiziell geöffnete Dorte-Hilleke-Bücherei betreten dürfen. Was sie im Gepäck haben, sind tatsächlich Eigenkreationen zu allgemein weniger bewusst gemachten oder vernachlässigten, auch tabuierten Aspekten des ‚unmittelbar menschlichen‘ Lebens, zu den oft unsichtbaren Bedingungen und den problematischen und dunklen Seiten menschlicher Beziehungen. – Da nun aber jede Hintertreppe, jeder Seiteneingang auch ins Zentrum eines Gebäudes führt, so gelangen auch die jungen Künstlerphilosophen oder Philosophenkünstler schließlich in den Raum „Jugendromane“, den die Bücherei ihnen für ihre Ausstellung BEZIEHUNGSWEISEN freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an Frau Hildebrandt und ihr Team, die solchen Projekten immer wieder den Zugang gewähren!

Und da – wie gesagt – jeder Seiteneinstieg am besten geeignet ist, wesentliches, auch Vergessenes zu erfassen, die Nischen feierlicher Portalansichten kritisch auszuleuchten, so gelingt es auch den Kursteilnehmern von „Kunst/Philosophie“  mit ihren künstlerischen Werken, die  schönen Fassaden von „Liebe-Freundschaft-Partnerschaft“  für manch  Essentielles, aber auch  Zwielichtiges, Abgründiges dahinter transparent zu machen. –
BEZIEHUNGSWEISEN bietet in Form von Zeichnungen, Plastiken und Collagen eine Auseinandersetzung mit

  • Ur-Merkmalen von Freundschaft  
  • unserem prinzipiellen Lebensmodus als Individuen und Gemeinschaftswesen
  • aus den verschiedensten sozialen Rollen sich ergebenden Beziehungssammlungen
  • je nach den eigenen Einstellungen der Betroffenen sich entfaltenden Beziehungslandschaften
  • den Möglichkeiten und Problemen offener Beziehungen
  • sensiblen Reaktionen jeder menschlichen Beziehung auf Umwelteinflüsse
  • dem Verlust bzw. der Zerstörung von Selbstliebe und ihren Folgen
  • der möglicherweise unterdrückenden Macht eines (Ehe-) Versprechens
  • ängstlich und gewaltsam verborgener Homosexualität oder sexueller Identität (Cloesting)
  • psychischer Abhängigkeit (sei sie ein- und sei sie wechselseitig)
  • Gewalt in einer Beziehung und deren Auswirkung auf die (Lebens-)Gefühle

Der Rundumblick bestätigt jedenfalls auch den Neuntklässlern am Ende ihrer 90-minütigen kuratorischen Arbeit in der Stadtbücherei Mendens, dass ihnen eine vielseitige Ausstellung gelungen sein dürfte. Ob es der thermiksensible Fesselballon „Freundschaft“, das gemeinsame Boot ist, auf dem wir Menschen in verschiedensten Konstellationen den Plant Erde bereisen, ob es eine urgesellschaftlich wirkende Jagdszene aus Tonfigürchen, ob es das Mobilé freier Beziehungen, eine Marionette, die ihre Fäden durchschneidet oder ein angeketteter Schmetterling ist, ob es Buchattrappen oder mit schöner Tapete verdeckte Wände  sind, hinter denen manch ein dunkles Kapitel oder hausinternes Drama sich verbergen könnte, ob es jene gezeichnete Frauengestalt ist, die  ihr anheftbare Aburteilungen ihres Äußeren hinter Schleiern verbirgt –  all das  und mehr  ist nun vom 15. 3. bis zum 8.4.22 in der Dorte-Hilleke-Bücherei im zweiten Stock (Abteilung ‚Jugendromane‘) zu besichtigen. Vielleicht erspürt auch manch ein jugendlicher oder auch älterer Besucher hinter diesen so vielgesichtigen  Werken doch eine – zwar nicht bewusst verfolgte, aber intuitiv erspürte gemeinsame Grundaussage, die sich am besten mit dem Zitat Erich Fromms ausdrücken lässt: „Liebe ist das Kind der Freiheit, niemals das der Beherrschung.“
Solch weitgehend intuitives Arbeiten – trotz oft flankierender philosophischer Seitenreflexionen  –  war ein wichtiger Teil des  mehrwöchigen  künstlerischen und wesentlich von der Kunstlehrerin Frau Obst angeregten  Gesamtprozesses, zumal auch die Idee zu einer Ausstellung erst ganz am Ende, gewissermaßen als ein – dann freilich sehr begrüßter  – Nebeneffekt  entstand, nicht aber als ein festlich-finales Portal, als ein Endziel, von Anfang an  in Aussicht gestellt war.  – So darf auch hier noch einmal an Weischedel erinnert sein, der auf die Schmucklosigkeit (s)einer Hintertreppe aufmerksam macht, die ablenkungsfrei, vielleicht gerade deshalb aber oft zielführend sei: zielführend im Falle dieses Projekts nicht im Sinne von Lösungsangeboten für schwere Beziehungsprobleme, aber im Sinne ihrer Bewusstmachung, was ein wichtiger Anfang ist. –  Indem so die kleine Gittertür des Nebenaufgangs zur Dorte-Hilleke – Bücherei schließlich hinter den Künstlern und Kuratoren der Jahrgangsstufe 9 ins Schloss fällt, dürfte ihnen allen wohl klar sein: Ein solches Projekt wie „Beziehungsweisen“  ist nie abschließbar. Es wird immer wieder Seitenaufstiege zu diesem zentralen, schweren Problem geben, die nicht übersehen werden dürfen, sondern beschritten sein wollen, um der Freiheit und mit ihr der Liebe mehr Raum zu erobern in unserer Gesellschaft, und das am besten im Sinne gemeinschaftlichen Tuns, im Modus einer Wir- Beziehung.

(Jeannette und Obst und Dorothea Spieker)

Einen Eindruck von der Ausstellung vermittelt die Fotogalerie: