Walburgisgymnasium & Walburgisrealschule

Eine Schule der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel

„Deutschland, nicht Israel, ist meine Heimat“

Schulleiter Dr. Maler begrüßt Juna Grossmann. (Foto: Lügger/SMMP)
Schulleiter Dr. Maler begrüßt Juna Grossmann. (Foto: Lügger/SMMP)

Ganz still war es in der gut besuchten Aula der Walburgisschulen, als Juna Grossmann aus ihrem Buch „Schonzeit vorbei. Über den täglichen Antisemitismus“ vorlas.
In letzter Zeit hört die jüdische Deutsche, die 1976 in (Ost-)Berlin geboren wurde und in Deutschland aufgewachsen ist, immer öfter die Frage, wann sie denn „zurück gehen“ wolle, schließlich sei doch Israel die Heimat der Juden. Sie berichtet, dass sich das Verhalten von Menschen, selbst von Kommilitonen oder Kollegen, verändere und distanziert werde, wenn diese erführen, dass sie Jüdin ist. Selbst in jüdischen Einrichtungen wie dem Jüdischen Museum in Berlin geschehe es, dass Besucher die üblichen Museumsvorschriften wie die, dass man keine Getränke und Taschen in die Ausstellungsräume mit hineinnehmen darf, mit dem Vorwurf quittieren, dies sei wohl nun die Rache für das Leid der Juden im KZ.
Juna Grossmann berichtete, dass viele Mitglieder jüdischer Gemeinden sich in Deutschland nicht mehr sicher fühlen und bereits darüber nachdächten, dieses Land zu verlassen. Viele stellten sich die Frage, ob sie, anders als die Menschen vor 80 Jahren, den „richtigen Zeitpunkt“ würden erkennen können.

Juna Grossmann liest aus ihrem Buch. (Foto:Lügger/SMMP)
Juna Grossmann liest aus ihrem Buch. (Foto:Lügger/SMMP)

Nach diesem Vortrag war das Publikum lange sprachlos und nachdenklich und erst die fast hilflos wirkende Aufforderung der Autorin: „Jetzt muss jemand etwas sagen oder fragen“ löste die Betroffenheit und die Zuhörer, auch eine Schülerin, kamen ins Gespräch mit der Autorin. Auf die Frage, wann denn für sie selbst der Punkt erreicht sei, an dem sie entscheiden würde, Deutschland zu verlassen, erklärte Frau Grossmann, ihre Familie habe es damals nicht geschafft, rechtzeitig zu gehen und auch für sie gebe es „rote Linien“. Diese seien noch nicht erreicht, aber sie sehe die Möglichkeit, dass es eines Tages so weit sei. Noch will sie bleiben, weil hier ihre Heimat ist und sie in sozialen Medien auch zunehmend gegen Anfeindungen unterstützt werde. Es ist ihr wichtig, von der Situation der jüdischen Menschen zu erzählen. Dazu ist sie in dem Projekt „Rent a jew“ vernetzt, deren Mitglieder in Gemeinden und Schulen kommen und dort Wissen über das Judentum und über ihre Erfahrungen berichten.
Ihr abschließender Appell, Judenfeindlichkeit wahrzunehmen und sich einzumischen, wurde mit lang anhaltendem Beifall bedacht.
Da Juna Grossmann auf ihrer Lesereise gerade am 9. November hier in Menden Station machte um im Rahmen des Autorenherbstes der Buchhandlung Daub über ihre Erlebnisse als jüdische Deutsche zu sprechen, war sie sogar zuerst noch im Schmelzwerk, um dort die Gäste der Aktion „Augen auf in Menden“ zu begrüßen und dazu aufzufordern, sich einzumischen, wenn Menschen diskriminiert werden.