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„Spielen ist schöner als Unterrichten“
Erkenntnisreiche Talkshow mit ehemaligen Walburgisschülern
Am Freitagabend konnte man erleben, was aus Walburgisschülerinnen und -schülern wird, wenn sie ihre Träume leben: Zwei erfolgreiche Musiker, zwei weltgereiste Journalisten, ein in Brüssel arbeitender EU-Referent, eine in Schottland dozierende Biochemikerin und eine im Sauerland verwurzelte Kabarettistin erzählten, warum sie ihre Schulzeit am Walburgisgymnasium geprägt hat.
„Wenn man in seiner Kindheit und Jugend einen Traum hat, sollte man den unbedingt ausprobieren. Dazu hat mich diese Schule ermutigt“, bekannte die Sängerin und Songwriterin Arwen Schweitzer vor den über 100 Besucherinnen und Besuchern der Talkshow in der Schulaula. Sie wusste schon mit neun, dass sie Sängerin werden wollte. Und niemand hielt sie auf. Heute gibt sie selbst Gesangsunterricht: „Und es bereichert mich wahnsinnig zu erleben, wie sich die Schülerinnen und Schüler weiterentwickeln.“
Diese Bereicherung mögen viele Lehrer und Lehrerinnen des Walburgisgymnasiums auch am Freitagabend empfunden haben, als sie einige ihrer ehemaligen Abiturienten auf der Bühne wiedersahen.
Qual der Wahl
Lehrerin Birgit Schmidt hatte die bunte Runde in der Festwoche zum 100-jährigen Bestehen der Schule eingeladen. „Da hatte ich die Qual der Wahl. Es gibt so viele interessante Menschen, die früher einmal unsere Schule besuchten.“ Doch die Auswahl war ihr gelungen. Auch die Entscheidung für die Moderatorin, die ebenfalls am Walburgisgymnasium ihr Abitur gemacht hat: Solveig Flörke, Diplom-Kulturwirtin, mehrere Jahre lang Korrespondentin für renommierte Zeitungen in Südamerika und heute freie Autorin und Reporterin für den WDR. Sie stellte den Ex-Walburgis-Schülern die richtigen Fragen.
Etwa der Geowissenschaftlerin Dr. Eva Stüeken, die an der Universität von St. Andrews in Schottland doziert: Ob ihr die Fridays for Future-Bewegung am Herzen liege. „Ja, sehr. Ich habe hier eine Lebenseinstellung gewonnen, die ich bis heute als Wissenschaftlerin behalten habe. Wir müssen die Vielfalt der Natur bewahren. Obwohl ich kein sehr religiöser Menschen bin, kann man Gott vielleicht auch in dieser Vielfalt sehen und ihn so interpretieren.“ Mit einem Augenzwinkern in Richtung der anwesenden Ordensschwestern sagte sie: „Da finden wir ja vielleicht wieder zusammen.“ Und die Schwestern nickten.
Ermutigung zu freiem Denken
Die Ermutigung zu freiem Denken und Offenheit fallen auch Georg Ismar ein, wenn er an seine Schulzeit zurückdenkt. So wuchs sein Interesse an Geschichte. Unter anderem führte er drei Jahre lang das Regionalbüro der Deutschen Presseagentur in Südamerika, bevor er zum Tagesspiegel nach Berlin wechselte, wo er seit diesem Frühjahr das Tagespiegel-Hauptstadtbüro leitet. Über das Walburgisgymasium hatte er den Kontakt nach Südamerika gefunden. Denn nach seinem Abitur ging er für ein Jahr als Missionar auf Zeit zu Schwester Maria Antonia Freude nach Bolivien: „Dieses Jahr war sehr prägend. Sonst hätte ich nicht in Köln lateinamerikanische Geschichte studiert. Und sonst wäre ich nie Korrespondent in Rio de Janeiro geworden.“
Und Roland Höppner, der heute Dozent für Schlagzeug an der Musikhochschule Köln ist, begann am Walburgisgymnasium seine Musikerkarriere: „Mit 16 oder 17 wusste ich, dass ich das zum Beruf machen wollte. Zu Hause habe ich mit dem Schlagzeug zunehmend meine Eltern genervt. Umso dankbarer bin ich, dass wir hier mit unserer kleinen Band nach dem Schulunterricht auch im Musikraum arbeiten durften.“
Kreativität lockt nach draußen
Musik und Kreativität scheinen den Walburgisschülerinnen und- schülern im Blut zu liegen. Deshalb rückte Eva Stüeken von ihrem Vorhaben ab, Physikerin zu werden. „Bei Geowissenschaften ist man viel mehr draußen unterwegs. Unsere Studenten verbringen mindestens 100 Tage in der Natur.“ Das sei es, was wir Spaß macht. „Klar“, fügt sie hinzu: „Vorlesungen müssen auch sein. Und am schlimmsten ist das Korrigieren…“ Da geht es Roland Höppner ähnlich, wenn er seinen Studenten das Schlagzeug erklärt: „Spielen ist viel schöner als Unterrichten.“
So, wie Dr. Thomas Liefländer das Diskutieren und Ausloten viel spannender findet als das Verwalten. Der Abiturient von 2004 ist Referent für Rechtsangelegenheiten in der Brexit-Task-Force der Europäischen Union. „Das waren spannende Verhandlungen, wie es sie in dieser Form noch nie gab.“ Doch leider werde der Brexit nur Verlierer haben: „Die nordirische Landwirtschaft wird schon mehrere Wochen nach dem Austritt am Boden liegen. Das weiß jeder, doch wird der EU-Austritt kommen.“ Der Prozess habe eine solche Eigendynamik entwickelt, dass auch die Wirtschaftslobby nichts mehr ausrichten könne. Dennoch mahnte Liefländer dazu, an der Idee der EU festzuhalten: „Wir müssen die Bereitschaft mitbringen zu akzeptieren, dass die Dinge komplizierter sind als sie scheinen. Jeder, der sagt, das sei ganz einfach – so oder so – der liegt falsch.“
Wie verworren Politik manchmal ist, hat auch Georg Ismar wieder erfahren, als er Bundeskanzlerin Angela Merkel erst vor einer Woche auf dem G20-Gipfel in Osaka begleitete: „Da warb sie noch auf dem Rückflug, einen Tag vor dem EU-Gipfel, dafür, nach der Europawahl an dem Spitzenkandidatenprinzip festzuhalten und – da Manfred Weber von der CSU nicht als EU-Kommissionspräsident durchsetzbar sei – für den Sozialdemokraten Frans Timmermans zu stimmen.“ Tatsächlich aber einigten sich die Staats- und Regierungschefs drei Tage später auf die Nominierung von Ursula von der Leyen: „Das mag man für verlogen halten. Aber ich gehe davon aus, das war Angela Merkels Kalkül: Sich erst für den Gegenkandidaten auszusprechen, um behaupten zu können, man habe alles versucht.“
Worte müssen funkeln
Doch auch das Sauerland kann spannend sein. Deshalb hat die Kabarettistin und Autorin Kathrin Heinrichs erst wenige Tage vor der Talkshow am Walburgisgymnasium ihren zehnten Vincent-Jakobs-Krimi beendet. „Der kommt diesmal ordentlich aus dem Takt“, verrät die Mendenerin, die 1989 die Abschlussrede für ihren Abiturjahrgang hielt. Ihre Begeisterung für Sprache hat sie in der Schulzeit entwickelt. Gerne denkt sie an die Gedicht-Analysen ihres Deutschlehrers zurück: „Der hat immer gefragt: Wie kann ein Wort funkeln? Und dieser Umgang mit der Sprache hat mich geprägt.“
Nun überlegt sie, ob es nach dem zehnten Vincent Jakobs-Fall und 20 Jahren Bühnenprogramm vielleicht Zeit sei für den ersten großen Gesellschaftsroman. Aber das meint sie wohl genauso ironisch wie ihre Antwort auf die Frage, was sie aus dem Lateinunterricht behalten habe. Darauf sagt sie immer: „Meinen Lehrer.“ Mit dem hat sie inzwischen drei Kinder. Und das bleibt sicher eine außergewöhnlich intensive Verbindung mit der ehemaligen Schule.
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