Walburgisgymnasium & Walburgisrealschule

Eine Schule der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel

Welchen Beitrag leistet die Bundeswehr zum Frieden in der Welt?

Vortrag des Jugendoffiziers der Bundeswehr an den Walburgisschulen und Diskussion

Foto: Steinhäusler/SMMP
Foto: Steinhäusler/SMMP

Im Politikunterricht der Klassen 10 behandeln wir das Thema „internationale Friedenspolitik und Friedenssicherung“. Dabei geht es neben der Analyse von Konflikten und Kriegen auch um Lösungswege, um Kriege zu beenden und Frieden dauerhaft zu sichern. Hierbei spielen Organisationen wie NATO, UNO und EU sowie auch die deutsche Bundeswehr eine wichtige Rolle. Aus den Reihen der Schülerinnen und Schülern wurde Interesse bekundet, einmal mit einem Vertreter der Bundeswehr über deren Rolle in der Friedenspolitik und Friedenssicherung diskutieren zu können. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Ereignisse wollten wir gern mehr von einem Experten hören. So besuchte am 29. Februar Hauptmann Paul Lienenbecker aus Unna unsere Schulen und stellte in der Aula den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 10 Auftrag und Aufgaben der Bundeswehr und ihre Bedeutung in der internationalen Sicherheitspolitik vor. Herr Lienenbecker hat zuletzt am MINUSMA-Einsatz der Bundeswehr in Mali teilgenommen. Nun ist der Jugendoffizier in seiner Funktion als Referent für Sicherheitspolitik auch in Schulen unterwegs, um über die Bundeswehr und ihre Aufgaben zu berichten.

Die wichtigsten Aufgaben der Bundeswehr: Landesverteidigung und Auslandseinsätze

Landesverteidigung bzw. äußere Sicherheit meint, die Bundesrepublik Deutschland vor militärischen Angriffen anderer Länder zu schützen. Neben dem Schutz unseres Landes wird die Bundeswehr vom Bundestag aber auch in Auslandseinsätze geschickt, um im Auftrag von NATO, UNO oder EU zur Konfliktlösung beizutragen und Frieden zu ermöglichen. Hierzu zeigte Lienenbecker einige Fotos, die er bei seinen Einsätzen machte und die seine Schilderungen eindrucksvoll ergänzten.

Laut Lienenbecker hat sich das Bild der Bundeswehr in den letzten Jahrzehnten mehrfach stark verändert: Nach Ende des Kalten Krieges und der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 setzte ein Abrüsten der Armeen in vielen Ländern Europas ein, da man sich nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes nur noch von befreundeten Staaten umgeben sah und somit kein Bedürfnis nach einer hoch ausgerüsteten Armee mehr hatte. Somit wurde auch der deutsche Verteidigungsetat immer wieder gekürzt. Ein weiterer Schritt in diesem Zusammenhang war das Aussetzen der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 2011. Mit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Jahr 2022 hat sich diese Einschätzung stark verändert. Plötzlich ist unmittelbar in Europa wieder ein Bedrohungsszenario entstanden und das Bedürfnis nach militärischem Schutz und Verteidigungsfähigkeit hat wieder zugenommen. Das „Sondervermögen“ der Bundesregierung zur Verbesserung der Ausrüstung und Verteidigungsfähigkeit zeigt, dass die Diskussion auch in der Politik angekommen ist. In der Öffentlichkeit wird immer wieder über die Aktivierung der Wehrpflicht diskutiert.

Herr Lienenbecker beantwortet viele Fragen der Schülerinnen und Schüler

Im Anschluss an den Vortrag hatten die Schülerinnen und Schüler noch Gelegenheit, Fragen zur Bundeswehr und zu deren Auslandseinsätzen zu stellen. Dabei kam natürlich der Russland-Ukraine-Krieg und die Frage nach der Taurus-Lieferung zur Sprache. Dazu sagte Herr Lienenbecker, hierbei handele es sich ausschließlich um eine politische Frage, die Programmierung der Waffen könne wie bei anderen Waffensystemen auch von ukrainischen Soldaten in Deutschland gelernt und dann in der Ukraine angewandt werden. Eine Frage lautete, wie Herr Lienenbecker eine erneute Präsidentschaft von Donald Trump in den USA bewerten würde. Lienenbecker meinte, dies würde zu einer sicherheitspolitischen Herausforderung für Deutschland und Europa werden, denn Trump sei nur schwer einschätzbar und habe sich in der Vergangenheit mehrfach kritisch zur NATO geäußert. Europa müsse sich auf jeden Fall mehr selbst um seine Sicherheit sorgen und dafür auch deutlich mehr Geld in die Verteidigungsfähigkeit investieren. Die bisherigen Investitionen seien dafür nicht ausreichend. 

Foto: Steinhäusler/SMMP
Foto: Steinhäusler/SMMP

Die Bedeutung der Auslandseinsätze
Mit Blick auf den malischen Auslandseinsatz wurde der Hauptmann gefragt, wie er Krieg aus moralischer Perspektive sehe. Eine Grundeinstellung der Armeen Europas sei heute, dass Soldatinnen und Soldaten keine Angriffskriege mehr führen sollen, eine Armee zur Verteidigung aber dennoch wichtig sei. Bei Kampfeinsätzen sei es Teil der Wirklichkeit, notfalls andere Soldatinnen und Soldaten töten zu müssen. Diese Frage sei aus moralischer Sicht sehr schwierig zu beantworten, wenn es jedoch auch um den Schutz des eigenen Lebens gehe, ist der Selbstschutz überlebensnotwendig. Es sei allerdings auch festzustellen, dass es im Laufe eines Krieges aufgrund der Alltäglichkeit des Schrecklichen zu einer gewissen Verrohung komme, um diese Geschehnisse psychisch überhaupt verarbeiten zu können. Diese Worte hinterließen einen tiefen Eindruck bei allen. Paul Lienenbecker bemerkte, dass militärische Einsätze keinen Frieden sicherstellen könnten. Sie könnten zwar helfen, Frieden herzustellen und Kämpfe zu beenden, aber Soldatinnen und Soldaten könnten die Ursachen, die zum Ausbruch eines Krieges führten, nicht beheben. Hier sei nach dem Ende der Kampfhandlungen die Zivilgesellschaft gefragt; Aussöhnung und Verständigung zwischen den Konfliktparteien und politische Lösungen der Kriegsursachen seien der Weg, um wirklich und dauerhaft Frieden herzustellen. Ein Beispiel dafür sei auch der Afghanistan-Einsatz in der Zeit von 2001 bis 2021, an dem auch die Bundeswehr beteiligt war. In Afghanistan sei der Friedenseinsatz gescheitert, man habe zwar die Taliban und islamistische Terroristen bekämpft, die strukturellen Probleme des Landes konnten jedoch nicht verringert oder gelöst werden.

Wiedereinführung der Wehrpflicht?
Zum Abschluss der Fragerunde stellte ein Schüler noch die Frage, ob eine Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland denkbar wäre. Lienenbecker antwortete, dass die Wehrpflicht ja nicht abgeschafft, sondern lediglich ausgesetzt sei. Eine Rückkehr zu einer Wehrpflicht sei jedoch nur denkbar, wenn sich eine sicherheitspolitische Bedrohungslage ergäbe, die er derzeit allerdings nicht sehe. Das Aussetzen von Pflichten wie der Wehrpflicht sei immer recht einfach, eine Wiedereinführung von Pflichten jedoch schwierig, da der gesellschaftliche Widerspruch groß sei. Des Weiteren sehe er das Zurück zur Wehrpflicht problematisch, da die gesamte dafür benötigte Infrastruktur wie z.B. Kasernen, Personal und Material erst wieder aufgebaut werden müsste. Er würde sich hingegen für eine allgemeine Dienstpflicht für junge Frauen und Männer einsetzen, die ähnlich wie ein freiwilliges soziales Jahr gestaltet werden sollte, denn mit dem Aussetzen der Wehrpflicht entfalle ja auch der Ersatz- bzw. Zivildienst. Durch den demographischen Wandel nehme der Bedarf an jungen Menschen in sozialen Berufen weiter zu und eine allgemeine Dienstpflicht würde unser Pflege- und Fürsorgesystem deutlich entlasten.

Foto: Steinhäusler/SMMP

Zum Abschluss haben wir uns noch mit einem kleinen Präsent für den interessanten Vortrag und für die rege Diskussion und Beantwortung aller Fragen bei Herrn Lienenbecker bedankt. Das war eine gute Gelegenheit, die Erkenntnisse aus dem Unterricht mit der Realität abzugleichen und offene Fragen zu klären.

Bericht und alle Fotos: Herr Steinhäusler